22.08.23 - Traditionelles Schmiedehandwerk konnte man an der «Fête de la Saint-Jacques» im Greyerzerbezirk hautnah miterleben.
Das freiburgische Val-de-Charmey feierte am Wochenende vom 29. und 30 Juli, zu Ehren von Sankt Jakob, erstmals nach Jahren wieder ihre traditionsreiche «Sennen-Chilbi». Nicht nur Bratwürste an Marktständen, Trachtenträger an Alphörnern und Alpkäse auf Maultieren gab es dabei zu geniessen und bestaunen. Das Fest liess auch das alte Handwerk neu aufleben.
In einer alten Schmiede von 1870, der «Forge de la Tzintre», erlebten wir, wie einer der letzten Schweizer Treichelschmiede Kuhglocken («Treicheln») herstellt, und einen Kunstschmied, der Äxte schmiedet wie im Mittelalter. Äxte, wie sie demnächst beim Wiederaufbau der Pariser Notre-Dame zum Einsatz kommen werden.
Glocken für idyllisches Bimmeln auf der Alp
Am Samstag war Pierre Turrian an der Schau präsent. Er stammt aus dem Pays d’Enhaut, begann seine Lehre 1965 und ist heute einer der letzten aktiven Treichelschmiede der Schweiz. Am Schmiedefest führte er vor, wie er auf traditionelle Weise eine solche Kuhglocke («Treichle») hergestellt. Seine innige Beziehung zu diesem Handwerk schildert er im obenstehenden Video,– auf Französisch, aber unbedingt empfehlenswert –, produziert von der Freiburger Zunft «Abbaye des Maréchaux», welche daran arbeitet, die verschiedenen Schmiedeberufe für die Nachwelt zu dokumentieren.
Traditionshandwerk mit einem ganz speziellen Aktualitätsbezug erlebte man am Sonntag mit Serge Turberg. Der ehemalige Metallbauer aus dem Berner Jura hat sich nach der Frühpensionierung vor zwei Jahren vor allem der Arbeit als Kunstschmied gewidmet: für historische Restaurierungen stellt er Ersatzteile für Baudenkmäler her, alte Türschlösser, Geländer, Fenstergitter und dergleichen mehr.
Äxte für den Wiederaufbau der Pariser Notre-Dame
Im Jahr 2019 brannte die berühmte, gotische Kathedrale Notre-Dame de Paris nieder. Nach dem Grossbrand wird diese derzeit möglichst originalgetreu wiederaufgebaut. Dabei soll der Dachstuhl mit Werkzeugen erstellt werden, wie sie im dreizehnten Jahrhundert verwendet wurden. Hier kommt das vielseitige Fachwissen von Serge Turberg ins Spiel. Da er auch Förster und Schreiner war, kennt er sich nicht nur mit Metall aus, sondern auch mit Holz. Genau darum geht es in der Notre Dame: Indem man die Balken des Dachstuhls mit mittelalterlichen Werkzeugen beschlägt, soll er die typischen Merkmale des Originals wiedererhalten.
Zusammen mit 24 Zimmerleuten aus ganz Europa arbeitete Turberg an einem Prototyp. Mit zahllosen Experimenten und langen Recherchen fand er heraus, wie eine Axt damals aussah und wie sie nachzubauen ist. Dreissig solcher Äxte liefert er nun bis September nach Paris, wo eigens geschulte Zimmerleute die Balken mit seinen Äxten genau wie im Mittelalter behauen werden. Am letzten Juli-Wochenende in Val-de-Charmey konnten wir hautnah mitverfolgen, wie Serge Turberg eine mittelalterliche Axt herstellt. Eine Fotoreihe zu diesem Anlass sehen Sie in der oben eingefügten Bildergalerie.
Schmiedefest Wiesendangen 2022